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In Memoriam - Univ.-Prof. Dr. Klaus Lechner

Arzt - Wissenschaftler - Mentor - Lehrer

Das hat Klaus Lechner wie kaum ein anderer vereint mit gleicher Energie und Tiefgang. Wobei, wenn es notwendig war, der Patient stets den Vorzug hatte. Wissenschaft und Förderung von Kollegen, Mitarbeitern und vielen, vielen, die nicht direkt zu seinen Mitarbeitern zählten, mussten da warten, wurden aber einfach nur verschoben und nicht aufgehoben.

Klaus Lechner wurde am 10. Jänner 1934 in Bludenz in Vorarlberg geboren. 1960 promovierte er zum Doktor med. sub auspiciis praesidentis und trat als Assistenzarzt an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien ein, vorerst als Assistent an der Pharmakologie, dann als Dermatologe und schließlich zur Ausbildung zum Internisten ab 1962. 1992 wurde er ordentlicher Professor für Innere Medizin und Leiter der Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie, 1999 dann auch Vorstand der Univ.-Klinik Innere Medizin I, diese beiden Funktionen übte er bis zu seiner Emeritierung am 1. Oktober 2002 aus.

Von seinen unzähligen Funktionen und Tätigkeiten in internationalen oder nationalen wissenschaftlichen Gesellschaften möchten wir hier nur die herausragendsten nennen: 1988 – 1992 Vorsitzender der deutschen, österreichischen und schweizerischen Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH), 1991 – 1997 Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (OeGHO), Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften (Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina), korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Ehrenmitglied der GTH, der OeGHO, der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin, der Österreichischen Hämophilie-Gesellschaft, der Wiener Gesellschaft der Ärzte und der Tschechischen, Slowakischen und Ungarischen Gesellschaften für Hämatologie. Mitglied des Führungsgremiums der Medizinischen Fakultät der Universität Wien („Ich gehe jetzt Fakultät regieren“).

Sein wissenschaftliches Oeuvre umfasst mehr als 530 Originalpublikationen, viele Buchbeiträge und ein Labordiagnostik-Gerinnungsbuch. Aber wie war er als Arzt, Wissenschaftler und Mensch?

Als Arzt: Der Patient kommt immer zuerst! Wenn der Arzt Dr. Lechner gebraucht wurde, musste alles andere warten. Er lehrte uns hinzugehen, zu reden, zu untersuchen, alles anzuschauen, die Krankengeschichte zu studieren, nichts zu glauben, was einem erzählt wurde, sondern selbst alles neu zu beurteilen und damit frische Gedanken für unklare Diagnosen oder andere oder neuartige Therapien zu haben.

Als Wissenschaftler: Literaturstudium – auch seine MitarbeiterInnen hat er damit „gefüttert“. Konsequentes Planen von klinischen Studien. So war er der erste, der Kaplan-Meyer-Kurven für das Auftreten von Thrombosen und dann später das Auftreten von Inhibitoren gegen FVIII bei Hämophilie angewendet hat. Alles musste stimmen und überprüft sein! Jeder einzelne Fall wurde betrachtet und durfte nur in eine Auswertung aufgenommen werden, wenn alles geklärt oder nichts mehr klärbar war. Er hat förmlich gesprüht von Ideen. Er hätte jeden Tag eine neue Studie planen können.

Als Organisator: Er plante die Abläufe an seiner Abteilung bis ins Kleinste durch. Wir verwenden nach wie vor seine Grundmuster über Patientenführung an der Station und in der Ambulanz. Er führte systematische Vorgehensweisen ein, wo sie international noch nicht etabliert waren. Er war der Erste, der die Antikoagulantientherapie EDV-unterstützt (schon in den 70er Jahren) organisierte, mit automatisierten Briefen nach Ablauf der geplanten Zeit der Antikoagulation. Er organisierte viele Kongresse, u.a. als Vizepräsident (Präsident: Prof. Dr. Erwin Deutsch) den einzigen Kongress der International Society of Thrombosis and Haemostasis (ISTH) in Wien im Jahr 1973 , Kongresse der GTH und der OeGHO.

Als Mentor: Fördern und Fordern war die Devise, wobei das Fördern im Vordergrund stand. Er wollte seine MitarbeiterInnen im Lichte stehen sehen. Für Jede und Jeden hatte er einen Plan, was wohl am besten zu dieser Person passen würde. Sei es Hämophilie oder Thrombose, sei es Leukämie- oder Lymphomforschung. Dann ging es los: gleich ein kleines Projekt, gleich ein Abstract und ein Kongress. Ein Vortrag hier und dort, Anknüpfen an die internationalen Netzwerke. Paper, Paper, Paper. Gemeinsames Arbeiten am Abend, am Wochenende in seiner Wohnung mit Kuchen und Kaffee von seiner Frau versorgt oder seinem Haus in Rosenburg am Kamp inklusive Vollversorgung und manchmal sogar Übernachtung. Fördern, fördern, fördern, auch nach der Emeritierung förderte er seine Abteilung und junge wissenschaftliche MitarbeiterInnen. Viele Reviews sind noch nach 2002 entstanden mit genauester Aufarbeitung der in der Weltliteratur bekannten Fälle mit verschiedensten Erkrankungen. Wenn er nicht zufrieden war mit dem Vorgelegten, hat er die Abstracts umdiktiert, die Präsentationen neu gestaltet, und es war dann immer besser als vorher. Und er hat sich einfach gefreut, wenn man es dann gut gemacht hat.

Als Lehrer: Die Ausbildung von AssistenzärztInnen und Studierenden war ihm ein besonderes Anliegen. Beliebt waren seine Fall-basierte Vorlesungen, die den Bezug zur hämatologischen und allgemein-internistischen Praxis herstellten. Auch als Professor emeritus hat er noch mehrere DiplomandInnen betreut. Besonders erwähnenswert ist sein Engagement in der Neugestaltung des Curriculums der Medizinischen Universität Wien und in der Vorbereitung zur Facharztprüfung für die ÖGIM (Kremser Kurse).

Als Familienmensch: Klaus Lechner und seine Frau Evi waren ein wunderbares Team. Er wurde von seiner Frau außerordentlich unterstützt und sie hat ihn sehr gerne und oft zu Kongressreisen begleitet und dort ihre eigenen Wege gefunden. Über ihre beiden Kinder Ursula und Georg haben sie auch immer voller Stolz berichtet. Auch andere Kinder haben beiden sehr viel bedeutet. So wurden über einige Jahre Weihnachtsaktionen von Evi und Klaus Lechner durchgeführt, bei der ALLE Kinder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seiner Abteilung (administratives Personal, Pflegepersonal und Ärzte) beschenkt wurden. Umso stolzer war er auf seine drei Enkelsöhne. Wir wurden in den letzten Jahren regelmäßig mit den rezentesten Fotos versorgt und wussten über Erfolge bei Mathematik-Olympiaden und beim Fußballspiel Bescheid.

Unser ganzes Mitgefühl gilt der Familie, insbesondere seiner Tochter Ursula, die ihm bis zum Schluss eine große Stütze war.

Die MitarbeiterInnen der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie verlieren ihr jahrzehntelanges Vorbild und eine Vaterfigur, die Klinik einen umsichtigen Leiter für alle und die Universität einen ihrer renommiertesten Wissenschaftler und Lehrer. Wir werden Klaus Lechner immer in Erinnerung behalten.

Ingrid Pabinger und Ulrich Jäger für die Klin. Abt. für Hämatologie und Hämostaseologie
Herbert Watzke für die Univ.-Klinik Innere Medizin I